Von der Nase bis zum Schwanz

In seinem Pop Up Restaurant "Fleischgenuß" bietet Vincent Fricke moderne Nose to Tail Gerichte aus regionalen Produkten.

In seinem Pop Up Restaurant „Fleischgenuß“ bietet Vincent Fricke moderne Nose to Tail Gerichte aus regionalen Produkten. Mit seiner Küche möchte die Vielfalt des Tieres aufzeigen und zum Fleischgenuss jenseits der aktuellen Trends verführen.

Für viele Menschen unserer Zeit ist Fleisch nur ein Produkt, das man im Supermarkt oder beim Metzger kaufen kann. Zu wenige Kunden machen sich Gedanken darüber, wo das Stück Fleisch herkommt, das sie in ihren Einkaufswagen legen. Innerhalb von zwei Generationen haben wir in Deutschland komplett den Kontakt zur Viehzucht und Fleischherstellung verloren. Meine Eltern sind beide auf einem Bauernhof aufgewachsen und für meine für Mutter war es zum Beispiel selbstverständlich, daß sie als Kind mit dabei war, wenn auf dem Hof geschlachtet wurde. Damals wurde alles vom Tier verarbeitet, obwohl es nicht einmal Tiefkühltruhen gab. Was nicht gleich verzehrt werden konnte, wurde verwurstet oder als Surfleisch und Geräuchertes haltbar gemacht.

In den letzten 30 Jahren hat sich viel verändert, nur der Preis für Fleisch nicht. Während fast alles teurer wurde, gibt es Fleisch eigentlich viel zu günstig zu kaufen und viele Haushalte können sich täglich die besten Teile vom Schwein oder Rind leisten. 2015 wurden in Deutschland 8,22 Millionen Tonnen Fleisch produziert und ein beträchtlicher Teil davon muß nach Russland oder Asien exportiert werden, weil hier die Nachfrage nach Schweinefüßen oder Bachspeck zu gering ist. Ein Problem, das auch die artgerechte und biologische Tierhaltung betrifft. Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma: „Nose to Tail“, also die Verarbeitung des Tieres von der Schnauze bis zum Schwanz. Oder vom Schnabel bis zur Schwanzfeder.

„Es gibt keine schlechten Teile,
es gibt nur schlechte Köche.“

Nose To Tail beschäftigt mich seit einigen Jahren. Nicht zuletzt deshalb weil mit Lucki Maurer, einer der wichtigsten Verfechter dieser Philosophie in Deutschland, aus meiner niederbayerischen Heimat kommt. Er züchtet im Bayerischen Wald bei Ratttenberg Wagyu Rinder und hat eines der besten Bücher auf dem Markt zum Thema Nose to Tail geschrieben, das konsequenterweise den Titel FLEISCH trägt. In diesem Video erklärt er, wie es dazu kam:

https://www.youtube.com/watch?v=GP-DoMjVE3M

Ich bin wahrlich Freund kein von Innereien und deshalb habe ich großen Respekt davor, wenn jemand das Nose to Tail Prinzip konsequent verfolgt und umsetzt. Ich versuche zumindest möglichst oft auch unpopuläre Fleischteilen wie Suppenfleisch oder Beinscheiben zu verwenden. Statt Hähnenbrustfilets kaufe ich ganze Brüste und koche aus der Karkasse eine Brühe. Das ist natürlich noch kein Nose to Tail, aber der Weg ist ja bekanntlich das Ziel.

Fleischkonsum – Das Nose to Tail Pop Up Restaurant von Vincent Fricke

Wer in München Innereien essen will, wird in fast jedem Traditionswirtshaus fündig. Zum Beispiel Milzwurst oder Leberknödelsuppe sind nach wie vor populär und finden sich auf vielen Speisekarten.  Besonders bekannt war lange Zeit der Braunauer Hof, wo es Kalbskopf, Kalbslüngerl und sogar Stierbeutel gab. Die neuen Pächter gehen mit der Zeit und haben einige Spezialitäten von der Karte gestrichen. Denn jüngere Gäste kann man damit nur schwer begeistern in Zeiten von „Healthy Food“ und veganer Lebensweise. Umso spannender ist das Projekt von Vincent Fricke, der mit seinem PopUp Restaurant „Fleischgenuss“ eine Brücke schlagen will. Mitten in der Maxvorstadt übernimmt ab heute Abend für einige Tage die Räumlichkeiten des Nudo und serviert dort eine moderne Nose to Tail Küche mit regionalen Produkten, die besonders ein junges Publikum ansprechen soll.

„Mit meinem Popup Restaurant möchte ich den Menschen zeigen, wie sehr der tägliche Fleischkonsum ihr Leben bestimmt, wie einfach es ist, sich mit regionalen Lebensmitteln gut zu ernähren, und wie sich Fleisch am schönsten genießen lässt – im Rahmen von Freunden und der Familie, und das zu einem besonderen Anlass.“

Vincent Fricke

Vor zwei Wochen durfte ich zusammen mit einigen anderen Bloggern bereits ein paar Gerichte probieren. Beim Blick auf das Menu gab es durchaus skeptische Blicke in der Runde, doch dann überwog die Neugier auf ungewohnte Geschmackserlebnisse.

Fleischgenuss - Das Nose to Tail Popup Restaurant von Vincent Fricke

Als Vorspeise gab es Brot, Butter und ein eingelegtes Radieserl. Ein sehr simpler, aber schmackhafter Einstieg. Nachdem ich mir neulich ein Buch über Fermentieren gekauft habe, habe ich nun richtig Lust, selbst mal Radieschen einzulegen.

Fleischgenuss - Das Nose to Tail Popup Restaurant von Vincent Fricke
Eingelegtes Radieserl auf Butterbrot mit Kresse | Foto: ISARBLOG

Danach durften wir einen kurzen Ausflug nach Asien unternehmen und Vincents Version von Bánh Bao kennenlernen. Ich liebe Bánh Bao, vor allem weil die Kombination von frischem Koriander und geschmortem Fleisch liebe. Bei Fleischgenuss gibt es die gedämpften Brötchen mit Herz und Brust vom Rind, Blaukraut und natürlich Koriander.

Fleischgenuss - Das Nose to Tail Popup Restaurant von Vincent Fricke
Bánh Bao mit Brust & Herz | Foto: ISARBLOG

Weiter ging es mit einem einem sehr ansprechenden Hauptgericht, das auf großen Schiefertafeln angerichtet wurde: Gebackenes Kalbsbries mit Flußkrebsen und Veloute. Das zarte Kalbsbries schmeckte sehr gut und gerade in der gebackenen Variante ist die Hemmschwelle kaum noch vorhanden.

Fleischgenuss - Das Nose to Tail Popup Restaurant von Vincent Fricke

Wer jetzt Lust bekommen hat, die ungewöhnlichen Gerichte von Vincent zu probieren, sollte sich umgehend um eine Reservierung kümmern. Es gibt nur noch Restplätze für die Abende im Nudo.

Das Popup Restaurant Fleischkonsum hat vom 24. August bis zum 3. September geöffnet, jeweils von Mittwoch bis Samstag, immer ab 19 Uhr. Das mehrgängige Menü gibt es inkl. Aperitif und zzgl. weiterer Getränke für 36 Euro (3-Gang) bzw. für 47 Euro (5-Gang). Reservierungen per Mail an [email protected] oder per Telefon 0177 / 7288667.
Weitere Infos: facebook.com/fleischkonsum/

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München
Deutschland

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