Kunstspaziergang durch Murnau

Auf den Spuren von Gabriele Münter und Wassily Kandinsky und dem Blauen Reiter in Murnau. Ein Spaziergang zu den wichtigsten Orten.

Im Herbst 2024 ist der Film MÜNTER & KANDINSKY herausgekommen. Er spielt Anfang des 20. Jahrhunderts und erzählt die Geschichte von Gabriele Münter und Wassily Kandinsky. Letzterer war zunächst Gabrieles Lehrer und später dann ihr Liebhaber und Weggefährte. Da der russische Maler bereits verheiratet war, als sie sich kennenlernten und sich zunächst nicht scheiden lassen wollte, flüchteten Gabriele Münter und Wassily Kandinsky aufs Land. In Murnau verliebten sich beide in die Landschaft des bayerischen Alpenvorlands, und Gabriele Münter erwarb dort 1909 ein Haus. Das ursprünglich als Sommerwohnsitz gedachte Haus wurde später zum festen Wohnsitz der Künstlerin. Zuvor hatten die beiden im Griesbräu gewohnt.

Gabriele Münter (Vanessa Loibl) mit Wassily Kandinsky (Vladimir Burlakov) in MÜNTER & KANDINSKY | Foto: Stephanie Kulbach / CCC Cinema und Television

„… Aber nirgends hatte ich eine solche Fülle von Ansichten vereint gesehen, wie hier in Murnau zwischen See und Hochgebirge, zwischen Hügelland und Moos“
aus „Murnau und Ich“ von Gabriele Münter , 1957


Der Film fokussiert sich auf die gemeinsame Zeit in Murnau. Kandinsky hatte Münter mit ihrer Verlobung 1903 in Kallmünz indirekt die Ehe versprochen. Als er sich jedoch 1911 scheiden ließ, heiratete er nicht Münter, sondern 1917 Nina Nikolajewna Andreevskaja, die im Gegensatz zu Gabriele Münter für Wassily Kandinsky keine Konkurrenz darstellte. Wie der Film deutlich macht, war sie zu Beginn erfolgreicher als ihr Vertrauter. Das war ein herber Schlag für die Künstlerin. Die Stadt Murnau hat die wichtigsten Stationen des Blauen Reiters zu einem Weg zusammengefasst. Bitte prüft vor dem Beginn des Weges die Öffnungszeiten der Museen, falls ihr sie besuchen wollt.

1. Griesbräu

Heute Brauerei, Hotel, Kino und Wirtshaus in einem, war das Griesbräu die erste Unterkunft von Münter und Kandinsky in Murnau. Im August 1908 bezogen beide zusammen mit Marianne von Werefkin und Alexej von Jawlensky von Mitte August bis Ende September dort Quartier, bevor Münter 1909 das Haus in der Kottmüllerallee kaufte. Im Kino im Griesbräu fand auch die Murnauer Premiere des Films MÜNTER & KANDINSKY von Marcus O. Rosenmüller statt.

Adresse: Obermarkt 37, 82418 Murnau

Das Greisbräu am Obermarkt in Murnau | Foto: Isarblog

WEG: Der Weg führt über den Obermarkt, der von 1906 bis 1910 durch den Architekt und Bauingenieur Emanuel von Seidl verschönert wurde. Er gab den Häusern Farbe und schuf so ein stimmiges Gesamtbild. Danach geht es zum Kurpark. Hier empfiehlt sich ein kurzer Zwischenstopp an der Euroart-Stele (seit 2023) im Kurpark in der Nähe des Tunnels Murnau. Die Euroart ist eine Vereinigung der Künstlerkolonien in Europa. Obwohl Murnau keine Künstlerkolonie im klassischen Sinne ist, hielten sich über einen längeren Zeitraum Künstler wie Marianne von Werefkin, Alexej Jawlensky, Wassily Kandinsky und Gabriele Münter dort auf.

Wassily Kandinsky, Eisenbahn bei Murnau, 1909 | Foto: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Gabriele Münter Stiftung 1957

Weiter über den Hochanger Weg über die Eisenbahngleise zu einem Aussichtspunkt über Murnau mit kleinen Hinweistafeln. Die Gleise existierten damals schon. Der Ort wurde 1879 durch die Eisenbahn erschlossen und später nach Garmisch-Partenkirchen (1889) fortgesetzt. So erreichten auch damals die KünstlerInnen der Zeit Murnau. Vorbeifahrende Züge war ein täglicher Anblick für Kandinsky und Münter.

2. Münter-Haus ( im Volksmund früher auch „Russenhaus“ genannt)

Im Münter-Haus in der Kottmüllerallee lebte das Künstlerpaar Münter-Kandinsky ab 1909. Hier wurde Kunstgeschichte geschrieben. Beide kehrten dem spätimpressionistischen Malstil den Rücken zu und vollzogen den Schritt zu expressionistischen Malerei durch den Einfluss der Künstlerfreunde Marianne von Werefkin und Alexej von Jawlensky. Später entstanden dort in etlichen Redaktionssitzungen wesentliche Teile des Almanachs des Blauen Reiters. Das Buch sollte im Sinne Franz Marcs und Wassily Kandinskys die Vielfalt der künstlerischen Ausdrücke ihrer Zeit bündeln. Als 1914 der erste Weltkrieg ausbrach und Deutschland Russland den Krieg erklärt hat, ging Gabriele Münter zusammen mit Kandinsky zunächst in die Schweiz. Von dort ist sie allein nach Skandinavien gegangen und Kandinsky kehrte nach Russland zurück. 1916 erfolgte der endgültige Bruch der Beziehung. Das Haus ist heute noch voll von Spuren Kandinskys, wie zum Beispiel die bemalte Treppe. Trotz der Trennung hat Münter hier etliche Werke Kandinskys vor den Nationalsozialisten versteckt, welche sie später dem Lenbachhaus vermacht hat.  Gabriele Münter machte Murnau ab 1931 zur ihrem festen Wohnsitz und lebte dort bis zu ihrem Tod 1962. Ein Besuch des Münter-Hauses ist sehr empfehlenswert.

Adresse: Kottmüllerallee 6 82418 Murnau am Staffelsee. Öffnungszeiten Di- So 14-17 Uhr

WEG: Weiter die Kottmüllerallee den Berg hinab, geradeaus über die Bahngleise in den Burggraben. Dann über den Untermarkt und die Schloßbergstraße zum Schloßmuseum.

3. St. Nikolaus-Kirche

Vom Münterhaus aus sieht man auf die andere Seite von Murnau. Vor allem die Kirche St. Nikolaus sticht ins Auge. Diese Aussicht diente Gabriele Münter, aber auch Wassily Kandinsky als Vorbild für viele Gemälde. Auf dem angeschlossenen Friedhof befindet sich auch das Grab der 1962 verstorbenen Gabriele Münter. Keinesfalls entgehen solltet Ihr Euch das Innere der Kirche der spätbarocken Kirche. Was man nämlich von außen nicht sieht, sie hat im Inneren einen weiträumigen Kuppelraum.

Adresse: Mayr-Graz-Weg 6, 82418 Murnau am Staffelsee

WEG: Weiter auf Mayr-Graz-Weg, der zum Eichholz wird, links in den Park gehen

4. Das Schloßmuseum Murnau

Das Museum ist untergebracht in einer mittelalterlichen Anlage, die im 16. Jahrhundert erweitert wurde. 1993 wurde dort ein Museum eingerichtet, welche 2023 renoviert wurde. Das Herzstück des Schloßmuseums Murnau bildet die umfangreiche Sammlung von Werken Gabriele Münters. Sie umfasst über 80 Gemälden, Zeichnungen und Grafiken von 1902-1962. Das Schloß selbst diente für das Künstlerpaar auch als Motiv. Kandinsky hat den „Schloßhof I“ bereits 1908 gemalt. Darüberhinaus beherbergt das Museum das Jahr über verschiedene Sonderausstellungen und eine Abteilung über zwei Etagen zur Ortsgeschichte. Für Kinder und Erwachsene finden immer wieder Aktionen und Veranstaltungen statt.

Bowl im Restaurant Schloßgarten im Schloßmuseum | Foto: Isarblog

Einkehrtipp: Restaurant Schloßgarten im Schloßmuseum. Hier sitzt man entweder im Gewölbekeller oder auf einer Terrasse mit Aussicht. Auf der Karte stehen neben Tagesgerichten, Bowls und Burger.

Adresse:  Schloßhof 2-5, 82418 Murnau am Staffelsee. Öffnungszeiten Di- So 10-17 Uhr

WEG: Einfach den Mayr-Graz-Weg hoch zur Kirche

5. Optional: Abstecher Aussichtspunkt 4 Linden/Lindenburg

Die Lindenburg wurde um 1850 auf dem Hügel oberhalb der St. Nikolaus-Kirche erbaut, in unmittelbarer Nähe von vier Linden (einem früheren Gerichtsplatz). Ihr Bauherr war Georg Zange. Besonders an dem Gebäude ist der Aussichtsturm sowie die überdachte Terrasse. Sie bieten einen tollen Blick ins Alpenvorland. Das ehemalige Anwesen des Brauereibesitzers Emmeran Kottmüller (Pantlbräu) hat Wassily Kandinsky fasziniert und er hat es deshalb 1909 gleich dreimal in verschiedenen Ausführungen gemalt. Die Villa ist heute in Privatbesitz und wurde ab 2015 aufwändig renoviertet.

Zum Spaziergang gibt es auch einen Flyer in der Touristinformation – weitere Murnau Tipps findest hier.

Wassily Kandinsky (Vladimir Burlakov) hat eine Vision aus der Kindheit an einem See im Blauen Land | Foto: Stephanie Kulbach/CCC Cinema und Television

Der Film MÜNTER & KANDINSKY

Zur Vor- und Nachbereitung ist der Film MÜNTER & KANDINSKY (2024) von Marcus O. Rosenmüller zu empfehlen, auch wenn ihm stellenweise ein wenig Pathos fehlt. Er umfasst vor allem die Zeitspanne des Künstlerpaars in Murnau. In den Hauptrollen Vanessa Loibl als Gabriele Münter und Vladimir Burlakov als Wassily Kandinsky. Der Kinostart in Deutschland ist der 24.10.2024.

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