Barocker Luxus ist der Titel der neuen Dauerausstellung im Bayerischen Nationalmuseum. Mitte Oktober haben wir die Ausstellung im Rahmen eines Bloggerwalks besucht und waren begeistert von der neuen Präsentation der Exponate. Geführt wurden wir von den Experten der Sammlungen. Denn für jedes Handwerk gibt es einen eigenen Spezialisten.
Fürstenerziehung und Technikwunder
Angefangen haben wir in der Abteilung für Elfenbeinschnitzerei. In unserer heutigen Gesellschaft aufgrund ethischer Gesichtspunkte eher verpönt, war sie im Zeitalter des Barocks von der adeligen Bevölkerung sehr angesehen. Aufgrund seiner Eigenschaften von Elfenbein – hart und dennoch dehnbar – eignete sich das Material wunderbar zum Schnitzen von filigranen Skulpturen und Figuren. Diese Kunst überließen die Adeligen aber nicht nur den Handwerkern, sondern versuchten sich selbst darin. Seit dem 16. Jahrhundert gehörte sie sogar zur Prinzenerziehung, weil dieses Handwerk neben Geschick auch viel Geduld erforderte. Je nach Objekt mußte man die Drechselbank bis zu hundert Mal umbauen. Das erforderte planerische Fähigkeiten, eine Tugend, die von einem absolutistischen Herrscher verlangt und geschätzt wurde. Besonders der bayerische Kurfürst Max Emanuel hegte eine Liebe zum Elfenbein und fertigte bis ins hohe Alter verschiedenste Dinge an, wie zum Beispiel eine Elfenbeinmonstranz.
Barocker Luxus – Tafelkultur in Porzellan, Glas und Silber
In der Porzellanabteilung geht es nicht minder spannend zu. Bis ins 17. Jahrhundert dominierte silbernes Geschirr die Tafeln der europäischen Fürstenhäuser. Aber die Kolonien in Asien und Afrika sowie die Entdeckung Amerikas brachten neue Speisen und Getränke wie Tee, Kaffee und Trinkschokolade nach Europa. Diese machten neue Trinkgefässe erforderlich, denn an den metallenen Bechern verbrannte man sich die Finger, wenn man aus ihnen heiße Schokolade trinken wollte. Gut, daß es nicht mehr lange dauerte, bis auch in Europa Porzellan hergestellt werden konnte. Das notwendige Wissen war bis dahin den Chinesen vorbehalten. Die Entdeckung geschah eher zufällig, denn eigentlich war Johann Friedrich Böttger Anfang des 18. Jahrhunderts auf der Suche nach einem Weg zur Herstellung von Gold. Als man in Meißen sah, was Johann Friedrich Böttger Kostbares entdeckt hatte, wurde er von August dem Starken streng bewacht, damit er das Geheimnis nicht weitererzählen konnte. Trotz der strengen Geheimhaltung gelangte die Rezeptur durch Verrat nach Wien. Dort entwickelte man sie weiter und schaffte es schließlich auch das Porzellan farbig zu brennen.
Im nächsten Raum erfahren wir mehr über die Art und Weise wie fürstliche Tafeln früher gedeckt wurden. Im Barock war es üblich à la francaise zu speisen: Alle Gänge wurden gleichzeitig serviert. Um sich in der Vielfalt zurechtzufinden, gab es „sprechende“ Keramiken, die den Gästen Hinweise auf dem Inhalt der Schüsseln und Terrinen gaben. War ein Vogel zu sehen, konnte man so zum Beispiel Geflügel erwarten. Besonders beeindruckend ist die in einem separaten Raum aufgedeckte Festtafel, die aus einem Silberservice besteht. Das gibt dem heutigen Besucher die Möglichkeit zur Vorstellung, wie es damals bei einem Festessen gewesen sein könnte. Von Silbertellern zu essen, war zwar geschmacklich nicht besonders, zeugte aber von großem Prestige. Deshalb haben sich die Käufer oft in hohe Schulden gestürzt, wie für das ausgestellte Service. Ein Zentrum für Silberarbeiten war Augsburg, von dem man sagte, daß dort im 18. Jahrhundert mehr Schmiede als Bäcker lebten.
Jagdfieber im Barock
Nicht nur um etwas Prächtiges auf den Tisch zu haben, gingen die Adeligen in der Zeit des Barocks gerne auf die Jagd. Man könnte sagen, sie waren geradezu von einem Jagdfieber befallen. Hierzu erbaute man etliche Sommerresidenzen und Jagdschlösser in und um München, darunter Lustheim, Schleißheim und Dachau. Auf die Jagd zu gehen hieß auch gleichzeitig eine Flucht aus der Stadt, weg von den Zwängen des höfischen Lebens. Die prunkvollen Gewehre aus dieser Zeit können in mehreren Vitrinen besichtigt werden. Als Schmuck für die Waffen wurde gerne Perlmutt oder Fischbein verwendet.
Kabinett des Palais Tattenbach
Einen kurzen Blick werfen wir im Vorbeigehen auf ein Zimmer, das vollkommen mit Seidenbespannungen ausgestattet wurde. Es handelt sich hierbei um das Kabinett des Münchner Tattenbach-Palais, das sich in der Theatinerstrasse befunden hat. Die Malereien wurden von Joseph Zächenberger auf Seidentaft aufgebracht. Themen sind die unter anderem Kunst, Geografie und auch Florales. Die sehr empfindliche Wände wurden mehrere Jahre lang restauriert.
Möbelkunst & exotische Motive
Um sich fürstlich zu präsentieren, brauchte man natürlich auch die dementsprechende Innenausstattung. In der Abteilung Interieur bekommen wir die Raffinessen der Schränke und Tische gezeigt. Besondere Stücke stammen aus der Werkstatt der Kunstschreinerfamilie Roentgen. Sie ist berühmt für ihre prächtigen farbigen Dekore und raffinierten mechanischen Funktionen. Mich faszinieren aber auch die Wandvorhänge. Sie zeigen eine exotische Tierwelt, die dennoch sehr zeitgemäß den Urban Jungle Trend aufgreift.
Galante Mode
Wie man sich zu den Empfängen und Diners kleidete, erfahren wir am Ende unseres Rundgangs. Als Frau mußte man enge Schnürmieder tragen, denn alles Künstliches war groß in Mode. Die Frauen im Barock trugen ihre Kleider à la francaise, was bedeutet sie hatten eine Art offenen Mantel an, der über den Rock getragen wird. Feinste Stoffe kommen von Indien nach Europa, um daraus Kleider anzufertigen. Vor allem Seide war sehr beliebt. Die Männer trugen Westen, Hosen und Seidenstrümpfe. Bereits die Kinder wurden wie kleine Erwachsene gekleidet. Erst mit dem Rokoko und Marie Antoinette als Trendsetterin wurden die Kleider für Frauen leichter und bequemer. Besonders faszinierend waren zwei Exponate. Zum einen ein kleiner Affe in einer Weste und ein Kleid, von dem nur ein Teil original erhalten war. Das restliche Kleid wurde rekonstruiert und sogar der Stoff nachgedruckt.
Insgesamt war es ein sehr spannender Rundgang, da waren wir uns alle einig. Vor allem sind es die Geschichten dahinter, die die einzelnen Objekte so besonders machen. Bei einem normalen Besuch kann man sie leicht übersehen. Deshalb mein Tipp: Bucht eine Führung oder nehmt einen Multimedia-Guide mit auf Eure Runde durchs Museum. Der Guide ist im regulären Eintrittspreis bereits enthalten.
Wir danken dem Bayerischen Nationalmuseum für die Einladung und die fantastische Führung durch die Sammlung!