Als ich am Freitag vor Pfingsten kurz nach neun Uhr abends das Milla betrete, ist der Club bereits brechend voll und ich habe Mühe mich noch irgendwo dazwischen zu quetschen. Eigentlich hätte ich mir es denken können, denn es war das grosse Staffelfinale des Milla Song Slams.
Als eingefleischter Poetry Slam Gänger war ich gespannt, wie ein Song Slam funktioniert. Vorgestellt habe ich mir ganze Bands, die länger performen, doch wie ich lernen mußte, sind die Regeln wie folgt: Bewerben können sich Musiker, die entweder alleine oder zu zweit mit ausschließlich selbst geschriebenen Liedern auftreten. Jegliche Art von Instrument ist erlaubt, sogar Musik vom Band. Wie bei einem Poetry Slam auch, ist die Zeit ein wichtiger Faktor. Jeder Interpret hat nur acht Minuten Zeit, um das Publikum von sich zu überzeugen. Das entspricht je nach Länge, ein bis zwei Lieder.
An dem Entscheidungsabend traten jeweils die Sieger aus den monatlichen Vorrunden an, um sich den Titel und den Preis – eine Flasche Büffelgrasschnaps sowie einen Plattengutschein – zu sichern. In drei Gruppen eingeteilt, traten LIAN, Anna und Theodor II gegeneinander an, danach Lili Emma, Ella Joseline und Lerch & Ko sowie schließlich Baasztian (schon in Berlin erfolgreich, denn es treten nicht nur Lokalhelden an), Zwoa Bier und And:i. Der Poetry Slammer Bumillo moderierte den Abend.
Gleich zu Beginn fällt mir auf, dass im Gegensatz zum gesprochenen Wort, viel leichter fällt, den unterschiedlichen Musikstilen zu folgen. Ella Joseline mit ihren feinen englischen Songs, Baasztian mit seinem österreichischen Schmäh und Lerch&Ko mit ihrer Kistentrommel. Die meisten Musiker kommen mit Gitarre auf die Bühne und stopseln sich kurz aus und ein. Gesungen wird durchaus kritisch und manchmal auch in Reimen. Eine Mischung zwischen Poetry Slam und Songcontest. Alle Teilnehmer sind auf ihre Weise fantastisch und es fällt schwer sich für jemanden zu entscheiden. Obwohl ich zu Beginn kurz an „Deutschland sucht den Superstar“ denken muss, ist die Stimmung eine ganz andere. Es geht eher um Respekt, als um den verbissenen erkämpften Sieg.
Per Handzeichen stimmt das Publikum ab und nur im Notfall, wenn die Entscheidung nicht deutlich ausfällt, greift eine Art Schiedsgericht ein: Bestehend unter anderem aus einem Musikjournalisten und einem Barkeeper, der bei jeder der Vorrundenveranstaltungen hinter der Bar stand und somit genaustens Bescheid weiss. Es ist eine demokratische Entscheidung. Natürlich gibt es Grüppchen von Fans. Mir persönlich haben besonders gut Lili& Emma gefallen, die normalerweise zu dritt sind und als Violalilliemma auftreten und Ella Joseline. In die Endauscheidung kommen schließlich Anna, Lerch & Ko und Zwoa Bier. Diese Musiker treten nochmals mit jeweils einem Song gegeneinander an. Zwoa Bier und Lerch & Ko liefern sich ein Kopf an Kopf Rennen, aus dem Zwoa Bier als Sieger hervorgehen. Die beiden Bayern überzeugten bereits letztes Jahr im Finale mit ihren spitzfindigen bayerischen Texten und kamen damals auf Platz zwei. Eine klare lokale Entscheidung.
Wie ich bei meiner späteren Recherche erfahren hab, gibt es inzwischen auch in anderen deutschen Städten eine vielfältige Songslam Kultur, wie zum Beispiel in Darmstadt, Stuttgart oder Berlin. Nun ist erst mal Sommerpause. Im September wird dann die dritte Runde eingeläutet und dann heißt es wieder einmal Monat an einem Mittwoch: Es ist Song Slam Time!