UPDATE 2021: Nele und Hannes sind mittlerweile in Oldenburg gelandet und betreiben dort das ORTO Bistro & Bakery: https://www.orto.kitchen
—
Es klingt seltsam, aber der Erkältungswelle im März haben wir es zu verdanken, dass wir einen der entspanntesten Dinner-Abende seit langem erleben durften. Ganz spontan haben wir zugesagt, als uns Neele und Hannes bei Instagram angeschrieben haben, ob wir nicht als Gäste für Ihren Fein Supperclub einspringen wollen, da einige Teilnehmer gesundheitsbedingt absagen mußten.
Eine Entscheidung, die wir keine Sekunde bereut haben. Als wir in der schönen Altbauwohnung am Harras ankamen, haben wir uns sofort wohl gefühlt. Es war, als ob wir bei Freunden zum Essen eingeladen wären. Bis um 19 Uhr kamen nach und nach die anderen Gäste und wir versammelten uns alle um den Tisch in der Küche, wo wir uns kurz vorstellten und gemeinsam mit einem Aperitif auf den Abend anstießen. Zum Einstimmung gab es gleich auch ein kulinarisches Highlight: ein unglaublich leckeres und von Hannes selbst gebackenes Sauerteigbrot mit Karamelbutter.
Danach wechselten wir in ein anderes Zimmer, wo die Gastgeber für uns eine große Tafel gedeckt hatten. Das Geschirr des Abends ist war bunt zusammengewürfelt. Das gab den schön angerichteten Speisen seinen Charme. Obwohl es ein sehr intimer Rahmen war, fühlten wir uns zu keinem Zeitpunkt fremd. Eine seltene Offenheit erfüllte den Raum und man hatte das Gefühl, daß alle Lust hatten, sich auf das Essen und die neuen Menschen einzulassen. Die Gespräche sprudelten den ganzen Abend, egal mit wem wir uns unterhalten haben. Unsere Themen kreisten um neue Bars, coole Geschäfte, Blumenbinden und natürlich das Essen. Sogar gemeinsame Bekannte wurden entdeckt. Nie zuvor bei einem Supperclub hatte ich das Gefühl, daß die Leidenschaft für das Essen die Anwesenden so verbunden hat wie hier.
Mit einer Kefirsuppe mit Gurken, Radiserl und Kräuter starteten wir unser Fünf Gänge Menu beim Fein Supperclub. Ausgefallen, erdig und frisch, genauso wie die Rote Beete Gnocchi danach. Die Portionen perfekt, um auch die anderen Gänge des Abends zu genießen. Als ob Neele und Hannes es geahnt haben, hieß Ihr Hauptgang „Letztes Winterpicknick“. Denn während wir so saßen und aßen, fing es draussen an zu schneien, obwohl sich in den Tagen davor der Frühling bereits von seiner schönsten Seite gezeigt hatte. Gefüllter Spitzkohl mit und ohne Fleisch, Graupen und verschiedene Salate. Die vielen Teller auf dem Tisch gaben unserer Runde etwas lässig Unkompliziertes. Jeder ißt, was er mag. Das empfand ich als sehr angenehm. Und trotzdem war alles harmonisch aufeinander abgestimmt. „Fleisch steht bei uns nicht im Fokus, es ist eher die Würze im Essen.“ erklärt uns Hannes. Was für ein schöner Gedanke. Beim Einkaufen achten die beiden darauf, daß sie möglichst regional und saisonal einkaufen und gehen deshalb auf die Münchner Bauernmärkte. Nach dem saisonalen Angebot gestalten sie auch das Menu des Abends.
Was wir vorher nicht wußten: Hannes Flade ist gelernter Koch und nachdem er unter anderem bei Holger Stromberg war, hat er sich als Koch und Berater für Ernährung selbstständig gemacht. Er ist viel mit der Deutschen Frauen Fußballnationalmannschaft unterwegs, für die er bei Länderspielen und Turnieren kocht. Zu seinem Knowhow gesellt sich Neeles Leidenschaft für Gewürze. Die Ernährungswissenschaftlerin kauft sie oft direkt im Ursprungsland, denn sie ist auch noch Flugbegleiterin in Teilzeit und kommt so viel in der Welt herum. Die Gewürze sind es auch die den Gerichten oft die besondere Note geben. Wie beim Käse-Gang ( „Kakao Blau“ ), einer Komposition aus Blauschimmel, Schoko-Meringue und Pflaumen oder beim Dessert „Schoko Helene“, einer Schokoladen Ganache, die mit Fenchelsamen bestreut wurde.
Zum Essen selbst gab es Wasser und Wein, den die Gäste selbst mitgebracht haben. Eine wunderbare Idee, denn das verwandelte unseren Tisch in eine kleine Winetasting-Runde. Ich bin mir sicher, daß der eine oder andere dort auch einen neuen Lieblingswein entdeckt hat.
Nach Mitternacht streifen wir uns glücklich und satt die selbst mitgebrachten Hausschuhe ab und machen uns durch den Schnee auf den Weg nach Hause. Natürlich nicht ohne ein Stück von Hannes fantastischen Sauerbrot in der Tasche, das jeder Gast gegen einen kleine Extraspende mitnehmen durfte. Bezahlt wird ansonsten für das Menu je nachdem, was jeder geben will. Die Kosten für den Einkauf und ein bisschen Taschengeld sollten es natürlich schon sein, sozusagen als Belohnung für zwei Tage Vorbereitungszeit.
Wir sagen Danke an die entspanntesten Gastgeber der Welt und wir sind schon gespannt auf all die weiteren Supperclubs und Projekte der beiden, die da noch kommen mögen. Hätten wir den Abend im Rahmen einer Dinnershow verbracht, hätten wir ihnen 10 Punkt für das „Perfekte Dinner“ vergeben!
MerkenMerken