Gerade hat der Herbst begonnen und das ist genau die richtige Zeit für ein bißchen Wellness. Deshalb hab ich mich besonders gefreut, als wir nach Baden-Baden eingeladen wurden, um die dortigen Thermen zu besuchen. Baden-Baden blickt zurück auf eine lange Tradition in puncto Heilwasser und Quellen. Die Thermalquellen wurden bereits von den Römern entdeckt und genutzt. Die Römer nannten Baden-Baden deshalb auch Aquae – also Wasser – welches später zu Baden wurde und noch ein wenig später den Zusatz Baden (in) Baden erhielt, zur besseren Abgrenzung zu anderen Orten mit dem gleichen Namen. Im 19. Jahrhundert wurde die Stadt zu einem Kurort ausgebaut, in dem das mondäne Europa die Sommer verbrachte.
Daß wir bei unserem Besuch so viel über das Thema Baden erfahren haben, verdanken wir dem Schweizer Dr. Stefan Kannewischer. Er und seine Familie gelten als Experten auf dem Gebiet der Bäderarchitektur. Sein Vater, der ursprünglich mal in München ( gegenüber dem Müllerschen Volksbad ) beheimatet war, hat die Firma in den Siebziger Jahren gegründet, nachdem er in die Schweiz ausgewandert ist. Inzwischen haben sie Schwimm- und Wellnessbäder in ganz Europa geplant und betreiben auch selbst welche. Zur sogenannten Kannewischer Collection zählen die Thermen im Spreewald, in Bad Ems, in Bad Kissingen, in Bad Salzuflen und in Baden-Baden die Caracalla Thermen und das Friedrichsbad. Die einzelnen Bäder sind sehr unterschiedlich, aber trotzdem kann man sie aufgrund ihres hohen Standards zusammenfassen.
Friedrichsbad
Bevor wir das Friedrichsbad besuchen, schauen wir uns die römischen Ausgrabungen ( Soldatenbad ) an, die sich unter dem Badehaus befinden. Die ursprünglichen Thermen der Römer wurden lange Zeit als Steinbruch verwendet und schließlich wurde von 1869 bis 1877 darauf das neue Bad errichtet. Bei Bauarbeiten in den letzten Jahren kamen die alten Grundmauern wieder zum Vorschein. Sie sind während der Sommermonate täglich zwei Stunden öffentlich zugänglich. Der Eintritt beträgt 2,50 Euro. Sehr gut erkennen kann man die Hypokausttechnik ( Hohlräume in den Wänden ), die die Römer zum Beheizen ihrer Bäder benutzen und vor allem auch die Einteilung der verschiedenen Bereiche.
Bereits bei den Römer gab es eine bestimmte Reihenfolge, die während des Badeaufenthalts einzuhalten war. Zuerst Bewegung in Form von Spielen oder Gymnastik um den Kreislauf in Schwung zu bekommen, darauf folgte ein Aufenthalt im Wärmeraum (Tepidarium), danach Abtauchen im Warmwasserbecken und Schwimmen im kalten Wasser. Aufgrund der sich wiederholenden Rituale waren die Räume der Bäder ringförmig angeordnet.
So ähnlich gestaltet sich auch unser Besuch im Friedrichsbad, das übrigens dieses Jahr sein 125jähriges Jubiläum feiert. Insgesamt durchläuft der Besucher hier siebzehn Stationen. Sie umfassen Reinigung, Erwärmung ( Sauna, Dampfbad ), Massage, Baden im warmen Thermalwasser und als Krönung Schwimmen unterhalb der prächigen Kuppel im Hauptraum. Danach noch ins kalte Wasser, dann zum Eincremen und schließlich in den Ruheraum. Die einzelnen Stationen absolviert man nackt, Männer und Frauen getrennt, lediglich den Schwimmingpool nutzen Männer und Frauen gleichermassen. Mitbringen müßt Ihr für den Besuch nicht viel, denn Tücher werden gestellt. Für den Aufenthalt solltet Ihr unbedingt einen halben Tag einplanen und euch hinterher nicht mehr viel vornehmen.
Die Caracalla Thermen
In der Nähe des Friedrichsbad befinden sich auch die Caracalla Thermen. Benannt sind sie nach ihren großen Vorbild in Rom. Hierher kommen nicht nur „Badetouristen“ wie wir, sondern auch bei Einheimischen sind die Thermen ein beliebter Treffpunkt. Dort findet Ihr alles, was ein modernes Thermalbad ausmacht, einschließlich eines großen Sauna- und Wellnessbereichs. Badeanzug oder Badehose sowie Schuhe solltet Ihr hier auf jeden Fall dabei haben, Bademantel und Handtücher kann man auch ausleihen. Kleiner Tipp: Falls Ihr diesen Service nutzen wollt, dann bringt am besten ein farbiges Bändchen zur Kennzeichnung mit. So vermeidet Ihr Verwechslungen, da alle Mäntel die gleiche Farbe haben.
Eine gute Baderegel ist auch hier, daß man langsam die Temperatur von Becken zu Becken steigert und sich dann wieder abkühlt. Die Vorgaben sind lange nicht so streng wie im Friedrichsbad, dennoch solltet Ihr darauf achten, nicht zu lange im warmen Thermalwasser zu verweilen. Das Wasser selbst empfand ich als sehr angenehm ( vor allem kein Chlorgeruch ) und das gilt auch für die Temperatur in der Halle.
Der eigentliche Saunenbereich ist eine Etage höher und über eine Wendeltreppe erreichbar. Verweilen lohnt sich, denn die Bar in der Sauna bietet zur Erfrischung leckere Smoothies. Besonders schön sind die Außensaunen im Schlossgarten. Den Blue Space Sinnesraum ( vom Künstler und Wahrnehmungsforschers Sha. ) fand ich persönlich aufgrund der Geräusche ein wenig unheimlich, aber Ihr solltet ihn auf jeden Fall ausprobieren. Allein schon aufgrund der Größe und des Angebots der Caracalla Therme solltet Ihr euch auch hier mindestens einen halben Zeit nehmen. Die Wellnessbehandlungen – es gibt dort alles von Gesichtsmassage hin zur Fußzonenreflexmassage – bucht Ihr am besten im Voraus. Schon durch die vielen Kleinigkeiten ( zum Beispiel Seifenspender in den Duschen ) habe ich mich gut umsorgt gefühlt und den Aufenthalt sehr genossen.
Vielen Dank an die Familie Kannewischer für die Einladung. Was für ein Glücksfall, daß das Müllersche Volksbad auf Bernd Kannewischer einen solchen Eindruck gemacht hat, dass er sich auf den Bau von Bädern spezialisiert hat und daß das Münchner Jugendstilljuwel somit indirekt Einfluss auf Badekultur in Deutschland genommen hat!