„Das Einfache ist nicht immer das Beste; aber das Beste ist immer einfach.“
Heinrich Tessenow
Jeff Bezos hat mal in einem Interview gesagt, daß seine Aufgabe als Manager darin besteht, drei gute Entscheidungen pro Tag zu treffen. Eine ganze Reihe solcher guten Entscheidungen hat dazu geführt, daß ich über das Mural Farmhouse schreiben kann. Die erste davon haben die Manager der britischen Hotelgruppe Locke Hotels getroffen, als sie die vom Rolling Pin als „Gastronomen des Jahres 2022“ ausgezeichneten Unternehmer Moritz Meyn und Wolfgang Hingerl als gastronomischen Partner für die beiden ersten Hotels in Deutschland ausgewählt haben. Diese wiederum haben mit der Wahl von Rico Birndt als Küchenchef die nächste gute Entscheidung getroffen. Da es beim Umbau für das Wunder Locke in Obersendling zu größeren Verzögerungen kam, übernahm Rico Birndt zunächst die Küche in der Bambule Bar und machte mit die Hotelbar des Schwan Locke in der Landwehrstraße zu einem echten Geheimtipp.
Rico Birndt ist im Chiemgau aufgewachsen und hat seine Ausbildung in Salzburg absolviert. Danach ging es für ihn hinaus in die weite Welt: Das Lakeside ( Hotel Fontenay, Hamburg ), das Kadeau ( Kopenhagen ) und zuletzt das Pasture in Neuseeland waren seine Stationen. Der sympathische Küchenchef setzt im Farmhouse auf eine regionale und saisonale Küche, die ohne Kompromisse auskommt. Der „Farm to Table“ Gedanke wird im neuen Restaurant noch einen Schritt weiter geführt, denn auf dem Dach des Hotels befindet sich ein großzügiger Dachgarten, der als Anbaufläche für Kräuter und Gemüse dient. Ab dem April 2023 werden auch die Gäste im Rahmen von speziellen Events in den Genuß der Aussicht über München kommen. Bis dahin kann die Küche des Mural Farmhouse in den sehr schön gestalteten Räumen im Souterrain des Hotels genossen werden. Die Locke Hotels zeichnen sich durch eine sehr stilvolle Innenarchitektur aus und wollen ihren vielen Langzeitgästen dadurch ein Umfeld bieten, das sich wie ein echtes Zuhause anfühlt. Davon profitieren natürlich auch die Restaurantbesucher, die sich ihr Essen in einer sehr schönen Atmosphäre geniessen dürfen.
Bei der Reservierierung im Mural Farmhouse könnt Ihr Euch für das Fine Dining Menu mit 16 – 18 Gängen oder wie bei unserem Besuch im Dezember 2022 für ein à la carte Abendessen entscheiden. Das junge Serviceteam rund um Gastgeber Jan Maetzing und Sommelier Maxime Joly sorgt für eine geschmeidigen Betreuung der Gäste in beiden Bereichen des Restaurants. Wer gerne Wein trinkt, ist hier bestens aufgehoben.
Eat Local, drink natural!
Wie in allen Murals gibt es eine spannende Auswahl von besonderen Weingütern aus der Mitte Europas mit Schwerpunkt auf Naturweine. Sehr zu empfehlen sind auch die offenen Weine und die Weinbegleitung. Besonders gut gefallen hat uns der Vingt-Neuf von Nicolas Bertin & Genevieve Delatte aus 100% Chenin Blanc von 90 Jahre alten Rebstocken.
Tipp: Wie bereits aus der Bambule Bar gewöhnt, gibt es auch im Farmhouse ganz ausgezeichnete hausgemachte alkoholfreie Getränke wie Kombucha. Wenn ihr keinen Alkohol trinken wollt, lasst euch unbedingt vom Service beraten, was es gerade gibt!
Unser A la Carte Abend startet mit einer sehr cremigen Lauchbutter und dem wunderbaren Brothandwerk 25 von Julius Brantner, das uns jedes Mal aufs Neue begeistert. Bei den Vorspeisen haben wir uns natürlich nicht das Tatar von der Seeforelle entgehen lassen. Es wird kombiniert mit Schnittlauchöl, Grünkohl und (heimischer) Kumquat. Kaum eine Zitrusfrucht vereint Säure, Süsse und Bitteraromen so raffiniert wie die unscheinbare Kumquat. Der Fisch kommt vom der Fischerei Schliersee und wird von Rico Birndt in verschiedenen Varianten verarbeitet. Die Karkassen der filetierten Forellen lässt er im Dry Ager reifen, um sie dann zu Suppen oder Fonds zu verarbeiten.
Als Zwischengang gibt es einige Gerichte, die man auch wunderbar teilen kann. Wer mit mit einer größeren Runde kommt, sollte sich auf diese Weise unbedingt durch die ganze Vielfalt probieren und nichts auslassen.
Viele Gerichte von Rico Birndt haben eine sehr unaufgeregte Anmutung und deshalb macht die Abbildung der Teller nur bedingt Sinn. Allzu leicht täuschen sie darüber hinweg, was wirklich drin steckt. Kürbis mit lauwarmen Quinou Salat und Kürbiskernen – klingt nicht besonders spannend, aber alles was die Küche im Mural Farmhouse bei diesem Gericht auf den Teller legt, überzeugt durch Geschmack: Der Kürbis ist auf dreierlei Arten zubereitet, die Zutaten sind mit Bedacht ausgewählt und alles zusammen ist einfach großes Kochkino.
Kommen wir zum meinem Lieblingsgericht: Das Blaukraut mit Vogelbeeren & Ente. Genau in der Reihenfolge. Das Blaukraut schmeckt einfach nach Blaukraut, unglaublich aromatisch und mit einer ungewohnt festen Konsistenz. Denn Rico Birndt gart das Gemüse ganz langsam im eigenen Saft im Sous Vide Verfahren. Auf dem Teller vermischt sich das Blaukraut dann mit den karamelisierten Vogelbeeren wie die Farben auf einem Gemälde von William Turner. Dazu noch eine rosa gebratene Entenbrust und fertig ist das wunderbare Hauptgericht mit ausschliesslich regionalen Produkten der Jahreszeit.
Und wie schauts aus mit dem Nachtisch? Crème Brulée geht immer, aber die Variante im Farmhouse hat es echt angetan. Statt mit Vanille wird die süße Creme hier mit Karmamon aromatisiert. Ausserdem haben wir ein kleines Déjà-vu: Der Kürbis aus dem Zwischengang ist wieder da! Diesmal sind die Kerne kandiert und verleihen dem Gericht noch einen wunderbaren Crunch.
Danke für die Einladung zu diesem beeindruckenden Abend im Mural Farmhouse. Es war bestimmt nicht unser letzter Besuch. Rico Birndt und das ganze Team sind eine echte Bereicherung für die kulinarische Landschaft in München. Wir sind sehr gespannt auf den Dachgarten und die weitere Entwicklung dieses Restaurants!
Update April 2023: Das Mural Farmhouse wurde mit einem grünen Stern ausgezeichnet und jeweils einem Stern für das à la Carte Restaurant und das Fine Dine Restaurant.