Wer sich schon einmal mit Farbenlehre beschäftigt hat, weiß dass man aus den drei Primärfarben Cyan, Magenta und Gelb theoretisch jede andere Farbe mischen kann. Die Anwendung dieses Prinzips kann man seit wenigen Wochen auch in der Charlatan Bar erleben. Die drei Farben heißen hier Pawel, David und Johannes und sind im Münchner Nachleben keine Unbekannten. David Metz und Pawel Szczypinski haben den Schwarzen Dackel innerhalb kurzer Zeit zu einer Institution im Westend gemacht, während Johannes Möhring mit der Menage Bar seine Qualitäten als Mixologe & Gastgeber gleichermassen unter Beweis gestellt hat. 2023 war leider für beide Locations Schluß und damit der Weg frei für eine trinkfreudige Ménage-à-trois. Die drei Inhaber haben mit der Charlatan Bar ein farbenfrohes Gesamtkunstwerk geschaffen, das mit viel Liebe zur Extravaganz daherkommt und trotzdem immer müncherisch lässig bleibt.
„Das Ganze ist mehr als die Summe der einzelnen Teile.“
Aristoteles
Vieles an dieser neuen Bar ungewöhnlich. Das beginnt schon mit der Location. Die Einsteinstraße ist doch irgendwie ein seltsamer Ort. Technisch gesehen liegt sie noch in Haidhausen, wird jedoch von den Haidhausern nur in Ausnahmefällen aufgesucht. Daß ausgerechnet hier im Niemandsland des Franzosenviertel eine neue Bar eröffnet war so unvorhersehbar wie ein freier Parkplatz am Samstagabend.
Das Thema Ver/Mischung steckt auch im Interior Design der Charlatan Bar. Die Ausstattung des vorherigen Lokal wurde mit kräftigen Farben und fast schon psychedelische Bildern an den Wänden in einem vogelwuiden Boazn-Bastard verwandelt. Mit dem fast schon verwegenen Ambiente und der anständigen Musikanlage sind somit auch die Grundlagen für spätabendliche Exzesse geschaffen.
Ein wahrer Glücksgriff war die Verpflichtung von Paulina Nowakowska als Barchefin, die bereits bei der Eröffnung der Ménage Bar mit Johannes Möhring zusammengearbeitet hat. Mit ihrer Erfahrung und Persönlichkeit verpasst sie der Charlatan Bar einen weiteren Farbton, der das ganze Bild erst richtig harmonisch macht. Die Barkarte ist noch „Work in Progress“, denn Pauli & Johannes feilen weiterhin an den Signature Drinks. Bei meinen ersten Besuchen gab es auch den einen oder anderen Prototyp zu verkosten, die allesamt viel Lust auf die finale Karte machen. Einen echten Klassiker gibt bereits trotzdem schon. Der „Gesunde Mule“ war bereits bei den Gästen des Schwarzen Dackels ein All-Time-Favorit und ist nun auch in der Charlatan Bar ein Dauerbrenner mit Suchtpotential.
Apropos Gesundheit. Name, Logo und die roten Arztkittel sind natürlich eine Anspielung auf das gegenüberliegende Krankenhaus Rechts der Isar. Die sympathischen Halbgötter in rot sind äussert versiert in der Zubereitung von flüssigen Heilmittel jeglicher Art und akzeptieren auch Kassenpatienten. Im geheimen Labor der Scharlatan*innen wird fieberfaft nach neuen Aromen und Wirkstoffen geforscht. Die frisch gezapften Hopfenpräparate werden von Löwenbräu geliefert und sollen eine beruhigende Wirkung haben. Nebenwirkungen sind jedoch nicht ausgeschlossen!
In den nächtsten Wochen soll das Angebot der Charlatan Bar noch um Barfood in Form von Sandwiches ergänzt werden. Wer gerne draussen sitzt, findet bei schönem Wetter auf der großen Terrasse sicher Platz.