Wer bei „Mumin“ sofort Bilder im Kopf hat – Nebel über dem Mumintal, ein warmes Licht im Haus, irgendwo wartet die kleine Mü auf Ärger – der sollte im Literaturhaus München vorbeischauen. In der Ausstellung dreht sich alles um Tove Jansson und ihre Figuren: nicht nur zum Wiedererkennen, sondern auch zum Neu-Entdecken. Denn die Mumins sind oft viel mehr als Kinderliteratur: da steckt Geborgenheit drin, aber auch Unruhe, Mut, Melancholie und dieser feine Humor, der einen Satz später plötzlich ernst wird. Gezeigt werden unter anderem Originalillustrationen, dazu gibt es Animationen und Hörstationen. Das Schöne: Man kann sich treiben lassen, kurz irgendwo hängen bleiben und am Ende merkt man, wie zeitlos diese Geschichten funktionieren.
Tove Jansson: die Frau hinter dem Mumintal
Am Anfang der Ausstellung wird Tove Jansson als Person hinter den Mumins vorgestellt – und zwar nicht nur als Autorin, sondern auch als Illustratorin, Malerin und Comiczeichnerin. Jansson wuchs in einer Künstlerfamilie auf: Ihr Vater Viktor Jansson war Bildhauer, ihre Mutter Signe Hammarsten-Jansson Grafikerin und Illustratorin (unter anderem entwarf sie Briefmarken und Banknoten).

Früh notierte Tove Jansson in ihr Tagebuch den Satz „Freiheit ist das Beste von allem“ – ein Gedanke, der wie ein Leitmotiv durch ihr Werk zieht. Im Eingangsbereich wird diese Vielseitigkeit kompakt gebündelt, mit Fotos, Zitaten und Werkbeispielen, die auch ihre Arbeit als professionelle Bildkünstlerin zeigen, etwa einen Freskenauftrag im Alten Rathaus in Helsinki (1947). Außerdem spielt ihr Atelier, das sie 1944 bezog und bis zu ihrem Lebensende nutzte, eine Rolle.
Das Mumintal verstehen: Figuren, Gefühle, Fantasie
Im zweiten Teil geht es um die Idee der Mumin-Welt: ihre Figuren, ihre Stimmungen und das, was zwischen den Zeilen mitschwingt. Die wichtigsten Charaktere werden vorgestellt und eingeordnet – und dabei wird deutlich, warum die Geschichten bis heute so gut funktionieren: weil widersprüchliche Gefühle nebeneinander stehen dürfen, ohne bewertet zu werden. Freude und Melancholie, Übermut und Abenteuerlust, ein Hauch Rebellion, dazu eine starke Verbundenheit mit der Natur – all das gehört hier zusammen.

Der Raum erzählt das über einen „Wald“ aus Text- und Illustrationsfahnen. Neben fertigen Arbeiten sind Originalillustrationen und Prozessmaterial in verschiedenen Techniken zu sehen: Tinte, Bleistift oder Gouache. Ausserdem gibt es Hinweise darauf, wie Jansson in unterschiedlichen Medien dachte, bis hin zu Notizen und Entwürfen für Theaterkostüme.
Eintauchen ins Mumintal: begehbare Welt zum Mitmachen
Der hintere Teil wird räumlich: Nach Lesen und Schauen folgt hier das Erleben. Der Bereich ist als begehbare, bewusst analoge Welt gestaltet – mit einem Segelboot, Zelten, Hörstationen und Animationen, dazu Fotos der Schärenlandschaft als Kulisse. Herzstück ist das Mumin-Haus als begehbare Konstruktion mit zwei Stockwerken; hinein dürfen nur wenige Kinder gleichzeitig, Erwachsene bleiben draußen. Wichtig: Es gibt nicht nur gemütliche, sondern auch mutige Momente, etwa ein dunkles Zelt, das man durch eine kleine Röhre betritt, in dem plötzlich unheimlichere Figuren aufblitzen können. Wer das schafft, wird mit dem „Einzug“ ins Mumin-Haus belohnt. Ergänzt wird das durch Elemente, die gemeinsames Erleben fördern: Schaukeln und Hängematte funktionieren nur, wenn man aufeinander achtet. Eine Karte des Mumintals hilft bei der Orientierung, und Mitmachstationen wie eine „Wäscheleine“ voller Verkleidungsteile laden dazu ein, die Figuren nicht nur anzuschauen, sondern selbst kurz in ihre Rollen zu schlüpfen.

In der begehbaren Mumin-Welt stehen mehrere Zelte, in denen Geschichten aus dem Mumintal vorgelesen werden – eingesprochen von der Schauspielerin Xenia Tilling. Der begrenzte Platz in den Zelten ist dabei kein Zufall: Er macht erlebbar, dass Rücksicht, Gemeinschaft und Toleranz zentrale Themen der Mumin-Welt sind – und dass Kinder hier lernen, miteinander zu handeln, statt nur für sich.
Die Mumin-Schau im Literaturhaus bedient nicht nur Nostalgie, sondern zeigt auch, wie viel in den Geschichten steckt: Humor und Melancholie, Geborgenheit und Aufbruch, ein bisschen Chaos – und ganz viel Wärme. Geeignet ist das Ganze ausdrücklich für Familien, empfohlen ab 6 Jahren, funktioniert aber genauso gut als spannendes Kulturprogramm für Erwachsene im Winter.
TOVE JANSSON – DIE WELT DER MUMINS
Künstlerische Leitung: Tanja Graf
Projektleitung: Dr. Paula Vosse
Idee: Kristina Maidt-Zinke
Texte: Tanja Graf, Kristina Maidt-Zinke, Dr. Paula Vosse
Assistenz: Jenni Holtgrewe, Josefa Pohl, Katja Rohringer
Beratung: Barbara Müller & Christian Panse
Gestaltung & Szenografue: unodue{ münchen / Costanza Puglisi & Florian Wenz
Eintritt: Euro 6€ / 4€ // unter 18: Euro 2€
Montag: Euro 2€ für Student*innen
Letzte Runde ab 17:30 Uhr: Euro 3€
RAHMENPROGRAMM – Workshops, Kino & Vorlesen rund um die Mumins
Workshop für Kinder: „Wunderbare Welt der Mumins“ (8–12 Jahre)
Freitag, 2. Januar 2026, 10.00 Uhr
Donnerstag, 2. April 2026, 10.00 Uhr
Ort: Kinderkunsthaus, Römerstraße 21, München
Interaktiver Workshop: „Mit den Mumins auf Entdeckungsreise“ (6–10 Jahre)
Freitag, 16. Januar 2026, 14.00 Uhr
Freitag, 6. März 2026, 14.00 Uhr
Freitag, 27. März 2026, 14.00 Uhr
Ort: Forum & Galerie
Montagskino: „Tove“ (Regie: Zaida Bergroth, FIN/SWE 2020)
Montag, 19. Januar 2026, 19.00 Uhr
Ort: Saal
Eintritt frei, Anmeldung erforderlich
Vorlese-Nachmittag & Ausstellungsbesuch (6–10 Jahre)
mit Simone Oswald & Janosch Fries (Schauburg)
Samstag, 24. Januar 2026, 15.00–18.00 Uhr: „Frühling, Sommer, Herbst & Winter“
Sonntag, 1. Februar 2026, 15.00–18.00 Uhr: „Freude, Mut, Angst & Wut“
Sonntag, 15. März 2026, 15.00–18.00 Uhr: „Träumen, entdecken, klettern & verstecken“
Ort: Forum & Galerie
Montagskino: „Moominland Tales. The Life of Tove Jansson“ (BBC-Dokumentation, engl. OmU, 2012)
Montag, 2. März 2026, 19.00 Uhr
Ort: Saal
Eintritt frei, Anmeldung erforderlich
Tove Jansson, (1914–2001) verstand sich zeitlebens ebenso als Malerin wie als Autorin. Schon früh arbeitete sie professionell als Malerin, Zeichnerin und Illustratorin, bevor sie mit den Mumin-Geschichten ihren großen Durchbruch hatte. Der erste Mumin-Roman erschien 1945; später kamen weitere Bücher, Bilderbücher und Zeichnungen dazu, die oft zugleich warmherzig und erstaunlich philosophisch sind. Ab 1954 zeichnete und schrieb Jansson außerdem Mumin-Comicstrips für die britische Zeitung London Evening News – ein tägliches Format, das die Figuren noch einmal ganz anders bekannt machte (und sie als Erzählerin enorm prägte). Weniger im Rampenlicht, aber literarisch mindestens so spannend, ist ihr Werk für Erwachsene: Dazu zählt Sommarboken (Das Sommerbuch, 1972), ein stiller, kluger Roman über eine Großmutter und ein Kind auf einer Insel – voll Humor, Naturbeobachtung und leisen Wahrheiten. Privat lebte Jansson viele Jahre mit der Grafikerin Tuulikki Pietilä zusammen; gemeinsam verbrachten sie zahlreiche Sommer auf der kleinen Insel Klovharun im Finnischen Meerbusen, ein Rückzugsort, der in ihrer Kunst und in ihren Texten spürbar ist. Für ihr Gesamtwerk wurde sie international geehrt, unter anderem mit der Hans-Christian-Andersen-Medaille (1966), einer der wichtigsten Auszeichnungen für Kinderliteratur.